Jahresrückblicke

Saturday, July 01, 2006

Jahresrückblick 1999

Das neue Jahrtausend ist schon bald einen Monat alt. Lassen wir das vergangene Jahr nochmals kurz Revue passieren. Es war ja wieder einiges los in der Villa Deepam in Var­kala!

Nachdem wir in der Silvesternacht mit unseren Besuchen aus England und Hongkong gefeiert hatten, ging der Januar mit weiteren Gästen aus der Schweiz schnell vorbei. Wir haben wieder viele neue Bekanntschaften mit netten Leuten geschlossen, haben Touri­sten am Strand kennengelernt und sie zu uns nach Hause eingeladen - Sandha hatte viel zu tun, doch sie kocht immer gerne für viele Leute und verwöhnt alle mit ihren Kochkün­sten. Am Ende des Monats begannen die verschiedenen Tempelfeste und für uns fing die "Tempelsaison" wie immer mit dem grossen Tempelfest im Kurakkanni-Quartier an, wo wir während den ersten Monaten in Indien im Prabhava wohnten.

Der Februar stand ganz unter dem Motto: Haus aussen neu anstreichen. Jeden Tag schwirrten bis zu 8 Maler herum, die zuerst alle Fassaden waschen mussten und an­schliessend wurde alles schön bemalt. Die Häuser werden durch die Feuchtigkeit, die Hitze und den Monsun sehr in Mitleidenschaft gezogen und so benötigt ein Haus sehr viel Unterhaltsarbeiten. Mit nur zwei dünnen Bambusleitern als Gerüst wurde das ganze Haus neu bemalt. Die Männer hangelten sich wie Affen von Fenstervorsprung zu Erker und von Dachrinne zu Balkonbrüstung. Das Resultat liess sich zeigen: nicht mehr alles in grellen Tempelfarben wie ein Zuckerbäckerhaus - nein in gediegenen aufeinander abge­stimmten drei Farbtönen.

Nach diesen anstrengenden drei Wochen hatten wir unsere kleine und schon lange ge­plante Backwatertour wirklich verdient. Wir übernachteten in Aleppey im Palmgrove Lake Resort, dessen Besitzer wir gut kennen und dem wir schon lange versprochen hatten, ihn zu besuchen. Er hat sich einen langgehegten Traum erfüllt und an einem der vielen Ka­näle ein kleines Resort mit 4 Bungalows und einem Restaurant gebaut - alles aus Bam­bus. So ruhig und idyllisch! Am nächsten Tag holte uns das Hausboot ab und wir fuhren durch die engen Kanäle der Backwaters. Das ist "DAS" Highlight jeder Keralarundreise. Wir hatten bis anhin schon viele Hausboote besichtigt und auch Gäste auf Hausboot­fahrten geschickt, aber noch nie waren wir selber mit einem gefahren. Die Hausboote sind ehemalige Lastkähne, welche für Touristen umgebaut wurden; die schönste und romantischste Art, die Backwaters kennenzulernen. Und zum Abschluss verbrachten wir noch zwei erholsame Tage in dem an den Backwaters gelegenen Taj-Hotel in Kumara­kom.

Im April hatte Hans alle Hände voll zu tun mit der Verlängerung seines Führerscheins. Er fährt ja unsere Rikscha und auch unser Auto immer noch selber durch den chaotischen Verkehr. Nun ist er als einziger Weisser in Kerala stolzer Besitzer eines indischen Führer­scheins! Sein internationaler Schein war abgelaufen und da wir keinen Wohnsitz mehr in der Schweiz haben, konnte er nicht verlängert werden. Weil dem Bigboss des Strassen­verkehrsamtes wohl die Nase von Hans nicht passte, musste er die Theorieprüfung be­stehen, obwohl er schon über 1 Million Fahrkilometer hinter sich hat. Im nachhinein stellte sich heraus, dass das ganze Unternehmen unnötig und damit also reine Schikane war. Mit der Bezahlung von Schmiergeld wäre wohl alles einfacher gewesen, doch wollten wir der Korruption hier nicht auch noch nachhelfen.

Hans wurde in den Rotary Club Trivandrum City berufen und zum "Director International Service" ernannt. Da es sich um einen Familienclub handelt, ist auch Yvonne immer bei den wöchentlichen Freitag-Meetings dabei und hat sich als Clubfotografin zur Verfügung gestellt. Wir haben seither sehr viele neue interessante Kontakte geknüpft. Der Club ist sehr aktiv; nach der grossen "Chartered Night", an welcher unser Club aus der Taufe ge­hoben und als Mitglied von Rotary International aufgenommen wurde, starteten wir gleich mit den ersten Projekten. Wir adoptierten eine Schule in einem sehr armen Quar­tier in Trivandrum, wo es an Mobiliar, Schulbüchern, Schreibutensilien und allem mangelt und organisierten einen monatlichen kostenlosen ärztlichen Check-up für alle Kinder. Wir unterstützen ein Mädchenwaisenhaus, das von einem Ehepaar aus der Romandie ge­führt wird. Daneben organisierten wir noch diverse kleinere Anlässe wie den Studenten-Info-Tag, das Jugend-Festival "Synergy 99" (ein Mal-, Musik- und Tanz-wettbewerb für talentierte junge Leute) etc.

Im Mai verliessen wir zum erstenmal Kerala und fuhren nach Madurai in Tamil Nadu. Die­ser Staat ist mit Kerala gar nicht zu vergleichen. Die Natur ist relativ karg bis öde, uns fehlten die geliebten Palmen und das Volk ist viel ärmer als in Kerala. Ganz Madurai ist verstopft mit Ochsenkarren, von Muskelkraft geschobenen Karren, Velorikschas und an­deren Leiterwägelis, so dass mit dem Auto kaum ein Durchkommen war. Es gibt in Ma­durai eine sehr berühmte Tempelanlage, welche wir besichtigten und danach haben wir die Annehmlichkeiten des Taj-Hotels hoch oben auf einem Hügel mit einer atemberau­benden Aussicht auf die Stadt genossen. Weiter ging die Fahrt zu unseren Freunden nach Thekkady im Naturschutzgebiet des Lake Peryiar. Wie immer, wenn wir in Thek­kady sind, regnete es, der Nebel hing bis in die Kardamomstauden, Kaffeebüsche und Pfefferpflanzen herunter und es war so kalt, dass man sich am liebsten vor dem kni­sternden Kamin aufhielt. Doch wegen der ausgezeichneten italienischen Küche kommen wir immer wieder gerne zu Maria ins Shalimar.

Der April und der Mai sind in Kerala normalerweise die heissesten Monate, doch wir hatten bereits die ersten Regenfälle hinter uns, als am 1. Juni termingerecht der offizielle Monsun einsetzte. Und damit war auch Schulanfang. Unseren Hochzeitstag am 10. Juni feierten wir in Bangalore im Taj-Hotel West End. Es ist eine luxuriöse Hotelanlage mit di­versen Restaurants - das italienische hatte es uns ganz besonders angetan - aber da es sich um ein typisches Businesshotel handelt, war es halt nicht so persönlich, wie die an­deren Taj-Garden-Resorts, welche wir kennen. Bangalore ist mehr westlich als indisch und man sieht viele Frauen in Jeans und T-Shirts, was bei uns in Kerala undenkbar ist. Bangalore ist ein verführerisches Shopping-Paradies und wir liessen uns mitreissen... Sa­ris, Churydars, Schuhe - alles was das Herz begehrt!

Im Juli war es Zeit für Yvonne, die Koffer zu packen. Nach zwei Jahren besuchte sie wie­der einmal ihre Eltern auf der Lenzerheide und hat die vier Wochen mit ihnen, ihren Ge­schwistern, Verwandten, Freunden und Bekannten ausgiebig genossen. Und natürlich freuten sich ganz besonders ihre Eltern auf ihren Besuch.

Kaum war sie wieder daheim, liefen die Vorbereitungen für das grosse Onam-Fest auf Hochtouren. Das ganze Haus wird innen und aussen auf Hochglanz gebracht und Sandha hatte mit der Putzerei schon zwei Wochen vorher begonnen, Savida war mitten in den Prüfungen, doch bis zum grossen Tag war alles bereit und wir haben zusammen das wichtigste Fest der Keraliten gefeiert.

Im September ging es auch wieder ganz "strub" zu und her, da Savida sich für ihren er­sten Tanzauftritt vorbereiten musste. Der Anlass war das "Rotary-Family-Weekend" im Taj-Hotel in Varkala. Die Tanzlehrerin kam fast täglich und am grossen Tag wurde Savida für ihren Auftritt während 4 Stunden angezogen, geschminkt, mit Schmuck behangen und schön frisiert. Und das für einen 10-minütigen Tanz! Aber sie hat alles mit Bravour hinter sich gebracht und war sehr stolz auf ihre Leistung! Wir natürlich nicht minder!

Anschliessend begann die neue Saison und schon durften wir die ersten Gäste bei uns willkommen heissen. Auch für Savida begann ein neuer Abschnitt. Weil wir schon lange nicht mehr mit der Little Flower Schule zufrieden waren, schauten wir uns nach einer bes­seren Schule um und fanden die M.G.M. Model School in Ayiroor etwas ausserhalb von Varkala. Das ist eine grosse Schule mit ca. 2000 Schülerinnen und Schülern, welche vom Kindergarten bis zur 12. Klasse unterrichtet werden. Alles ist sehr gut organisiert, es wird verlangt, dass auf dem Schulareal und selbst im Bus nur englisch gesprochen wird. Au­sser Malayalam und Englisch hat Savida neu auch Hindi auf dem Stundenplan und ihr Lieblingsfach ist "Computer Science". Sie geht sehr gerne zur Schule, ist eine fleissige Schülerin und ist froh, dass in der neuen Schule nicht mehr mit Stecken auf die Kinder eingeschlagen wird, wie es sonst leider überall immer noch üblich ist.

Während des ganzen Jahres wurden wir immer wieder zu Einladungen, Eröffnungen, Hochzeiten und anderen Anlässen eingeladen, doch der November scheint "der" Festmo­nat des Jahres zu sein. Wir eilten buchstäblich von einem Fest zum anderen, von Hochzeit zu Hochzeit, von Verlobung zu Empfang und von Eröffnung zu Einweihung. Die eindrück­lichste Feier war aber eine christliche Verlobung in Aleppey, welcher im Januar 2000 die Hochzeit in Cochin folgen wird, zu welchem Anlass wir auch eingeladen sind. Wir waren bis jetzt immer nur zu Hindu- und Muslimhochzeiten eingeladen, wo die Brautleute ein­ander erst an der Hochzeit kennen lernen, weil die Eltern den Partner aussuchen. Doch in Aleppey ist es eine Liebesheirat und das kommt halt der westlichen Kultur schon viel nä­her.

Und schon eilte das Jahr mit riesigen Schritten dem neuen Jahrtausend entgegen und Savida sprach nur noch von ihrem "Chischchindli". Sie konnte es kaum erwarten und wir feierten zusammen am 23. Dezember Weihnachten bei 32° Celsius! Am nächsten Tag fuhren wir sie nach Bharathanoor in ihr Heimatdorf, wo ihre "amma" sie bereits erwar­tete. Sandha musste zu ihrem Haus und Grundstück schauen und war deshalb schon frü­her abgereist.

Es war wieder ein ereignisreiches Jahr und wir sind gespannt, was das neue Jahrtau­send bringt. Wir sind glücklich in unserer neugewählten Heimat und können uns das Le­ben anderswo schon gar nicht mehr vorstellen. Wir gehen weiterhin jede Woche zur Ayurveda-Massage, wir sind alle gesund und munter und freuen uns auf alles, was uns im neuen Jahr erwartet.

Liebe Grüsse

Yvonne und Hans

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